17. Mai 2025 in Prolife
Ein Gericht hatte ihn zwar vom Vorwurfe der Berufspflichtverletzung freigesprochen, in der Urteilsbegründung aber die Versorgungspflicht über die Gewissensfreiheit des Apothekers gestellt.
Berlin (kath.net/jg)
Der Berliner Apotheker Andreas Kersten, der sich geweigert hat die „Pille danach“ in seiner Apotheke zu verkaufen, hat Anfang Mai die Apothekerkammer gebeten, seine Approbation als Apotheker zurückzunehmen. Er könne nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Fall seinen Beruf aus Gewissensgründen nicht mehr ausüben. Dies gab die Menschenrechtsorganisation Alliance Defending Freedom (ADF) in einer Presseaussendung bekannt.
Im Juni 2024 wurde Kersten von dem Berliner Gericht vom Vorwurf der Berufspflichtverletzung freigesprochen. Die Berufung, welche die Apothekerkammer eingelegt hatte, wurde kostenpflichtig zurückgewiesen. (Siehe Link)
In der Begründung des Urteils stellte das Gericht jedoch fest, dass die „Pille danach“ ein zugelassenes Arzneimittel im Rechtssinne sei. Apotheker hätten kein „Prüfrecht“, weshalb die individuelle Gewissensfreiheit dem Versorgungsauftrag untergeordnet sei. Ein Apotheker, der die Abgabe bestimmter Präparate nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne, müsse seinen Beruf aufgeben.
Es sei „bedauernswert, dass Apothekern das Recht auf Gewissensfreiheit abgesprochen wird, wenn sie eine lebensachtende Haltung einnehmen. Die sogenannte ‚Pille danach‘ zu verkaufen, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, weil sie möglicherweise ein Menschenleben beenden könnte. Daher sehe ich mich gezwungen, meine Approbation als Apotheker aufzugeben“, begründete Kersten seine Entscheidung.
Das Gericht habe sich hinter seine Haltung gestellt und kein Verschulden in seiner Weigerung aus Gewissensgründen gesehen. Trotzdem habe das Gericht in seiner Urteilsbegründung die Gewissensfreiheit abgelehnt. „Bestürzt hat mich aber die Begründung, die mir meine Gewissensfreiheit diesbezüglich doch abspricht. Aufgrund des Freispruchs kann ich diese zusätzlichen Ausführungen des Gerichts jedoch nicht anfechten. Nun sehe ich mich gezwungen meine Approbation als Apotheker niederzulegen“, stellte der ehemalige Apotheker wörtlich fest.
2018 begann das Verfahren gegen Kersten. Das Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Berlin gab ihm im November 2019 recht, die Apothekerkammer legte aber Berufung gegen das Urteil ein. Der Berufungsprozess kam erst 2024 mit dem erwähnten Urteil zum Abschluss.
Kersten hatte seine Apotheke bereits 2018 aus gesundheitlichen Gründen geschlossen, blieb aber Mitglied der Apothekerkammer und schloss eine Rückkehr in seinen Beruf nicht aus. Nach dem letztinstanzlichen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg entschied er sich jetzt, nicht mehr als Apotheker tätig zu sein und gab seine Zulassung zurück.
Dr. Felix Böllmann, Leiter der europäischen Rechtsabteilung von ADF, bezeichnete die Urteilsbegründung wörtlich als „skandalös“. Apotheker müssten sich zukünftig zwischen ihrem Gewissen und ihrem Beruf entscheiden. Dies widerspreche inhaltlich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Formal habe die Begründung – im Gegensatz zum Freispruch – keine Rechtskraft, sei also für niemanden bindend.
Mit seiner Argumentation setze sich das Oberveraltungsgericht Berlin „in direkten Widerspruch zum internationalen Recht. Grundrechte müssen effektiv garantiert werden, nicht nur auf dem Papier. Aber die Argumentation des Gerichts lässt der Gewissensfreiheit keinen Raum. Gewissenskonflikte müssen im Rechtsstaat, der sowohl Gewissens-, als auch Berufsfreiheit garantiert, anders als durch einen Berufswechsel gelöst werden“, betonte Böllmann.
© Foto Andreas Kersten: ADF
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