Vermutlich hat sich Gott geirrt

30. Juni 2025 in Kommentar


Deutsche Bischöfe bringen die Genderideologie in Schule und Pastoral. Es stört dabei kaum, dass man die heilige Schrift, das Naturrecht,die christliche Anthropologie und die Lehre der Kirche nonchalant abräumt. Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Es gibt wohl kaum noch einen Zweifel daran, dass es in der Kirche in Deutschland starke Kräfte gibt, die die Lehren der Genderideologie in Bildung und Verkündigung implantieren wollen. Die katholische Morallehre ist dabei nicht der einzige Bestandteil der Lehre, die damit den Bach runtergeht. Wie bereits berichtet, hat das Erzbistum Hamburg ein neues Rahmenkonzept für sexuelle Bildung an katholischen Schulen veröffentlicht. Wie ehemalige Schüler sowie auch eine Elterninitiative deutlich klarstellten, muss man leider feststellen, dass zentrale Aussagen des Konzepts in einem erheblichen Widerspruch zur verbindlichen Sexuallehre der katholischen Kirche stehen. Das ist noch sehr moderat ausgedrückt. Im Grunde ist das Rahmenkonzept Kenteler/ Sielert in Reinkultur und damit für Katholiken unannehmbar.

In einem Sonderheft der Herder Korrespondenz mit dem Titel „Herder Thema – SICHTBAR ANERKANNT -Vielfalt sexueller Identitäten “ äußern sich unter anderem zwei deutsche Bischöfe. Im Gespräch mit Marianne Heimbach-Steins und Andreas Lob-Hüdepohl äußern sich die Bischöfe Heinrich Timmerevers und Ludger Schepers unter der Überschrift „Die Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee“. Timmerevers ist Bischof von Dresden-Meißen und Vorsitzender der bischöflichen Kommission für Schule und Erziehung. Schepers ist Weihbischof in Essen und bischöflicher beauftragter für Queerpastoral. Timmerevers gesteht in dem Gespräch in Bezug auf seine Mitarbeit im Forum 4 des Synodalen Weges, er müsse eine ganz neue Sensibilität entwickeln für Menschen die eben anders seien als binär. Es folgt darauf eine Reihe von Aufzählungen von Menschen, die ihre Geschlechtsidentität gewechselt hätten und was das mit dem Bischof gemacht hat. Erschreckend ist hier, dass ein Hirte der Kirche nicht in der Lage ist, nachvollziehbare persönliche Befindlichkeiten von der rationalen Lehre der Kirche – hier der Schöpfungstheologie – zu trennen. Der Bischof bleibt bei Befindlichkeiten stehen. „Diese Begegnung hat mein Denken total auf den Kopf gestellt“, bekennt der Bischof wörtlich im Gespräch. Auch für die gesamte Deutsche Bischofskonferenz ist etwas zu Hamburg Vergleichbares zu erwarten, wenn Timmerevers bekennt: „Wir arbeiten derzeit an einem Text, der sich mit dem Beitrag der christlichen Schule zu diesem Themenfeld befasst.“ Auch Schepers gehört der Redaktion an und führt im Gespräch immer wieder den Punkt einer angeblichen Diskriminierung an. Wenn es gelänge, dass die Schulen sich zu sicheren Orten, zu safe spaces entwickelten, so Schepers, dann wäre das schon gut für die Gesellschaft. Hier ist zu betonen: Die Schule soll ein safe space für sogenannte queere Personen sein. Wer täglich die Nachrichten verfolgt, was in deutschen Schulen derzeit passiert, merkt schnell, in welch einem Paralleluniversum deutsche Bischöfe leben. Es gäbe gerade für die Schule, wo in manchen Orten bis zu 90 Prozent der Schüler der üblichen Unterrichtssprache gar nicht mächtig sind, sicher andere Probleme als eine von Ideologen erfundene sexuelle Vielfalt.

Auch die Schöpfungstheologie wird mit leichter Hand abgeräumt, wenn Schepers – recht banal – sagt, kein Mensch sei dabei gewesen, als Gott alles schuf. Immerhin gesteht er zu, dass Gott alles geschaffen habe. Es gehörten, so Schepers, alle Menschen dazu: männlich, weiblich und was dazwischen sei. Man wisse noch nicht, was sich neuen Erkenntnissen entberge. So kann man mit einem Satz die katholische Schöpfungslehre abräumen und an ein recht windiges Wissenschaftsbild abgeben. Er warnte sogar vor einer Festlegung, dass es so oder so gewesen sei.

Hier ist eine deutliche Spannung zur Lehre der Kirche festzustellen, wenn der Katechismus der Katholischen Kirche, der den Glauben der Kirche authentisch vorlegt, in Nr. 369 schreibt: „Mann und Frau sind erschaffen, das heißt gottgewollt in vollkommener Gleichheit einerseits als menschliche Personen, andererseits in ihrem Mannsein und Frausein. ,,Mann sein“ und ,,Frau sein" ist etwas Gutes und Gottgewolltes: beide, der Mann und die Frau, haben eine unverlierbare Würde, die ihnen unmittelbar von Gott, ihrem Schöpfer zukommt [Vgl. Gen 2,7.22.]. Beide, der Mann und die Frau, sind in gleicher Würde ,,nach Gottes Bild". In ihrem Mannsein und ihrem Frausein spiegeln sie die Weisheit und Güte des Schöpfers wider.“

An dieser Stelle wäre es zudem empfehlenswert, sich mit dem Schreiben „‚ALS MANN UND FRAU SCHUF ER SIE‘ FÜR EINEN WEG DES DIALOGS ZUR GENDER-FRAGE IM BILDUNGSWESEN (2. Februar 2019)“ vom Dikasterium für die Kultur und die Bildung auseinanderzusetzen. Das Schreiben betont an mehreren Stellen eindeutig die schöpfungsgemäße Bipolarität des Menschen und setzt sich in einer bis heute einmaligen Tiefe mit den verschiedenen Gendertheorien auseinander. So ganz nebenbei entkräftet dies Dokument auch den immer wieder gehörten Vorwurf, die Kirche stelle sich nicht den Erkenntnissen der Humanwissenschaften. Es ist und bleibt erstaunlich (oder auch nicht) warum dies Papier im Forum 4 des Synodalen Weges keine Rolle gespielt hat. Den folgenden Vorwurf im Leitgedanken des Schreibens: „Die anthropologische Desorientierung, die vielfach das kulturelle Klima unserer Zeit kennzeichnet, hat sicher dazu beigetragen, die Familie zu zerstören, mit der Tendenz, die Unterschiede zwischen Mann und Frau, die als schlichte Ergebnisse einer geschichtlich-kulturellen Konditionierung betrachtet werden, zu destabilisieren.“ (Nr. 1) dürfen sich die Bischöfe Timmerevers und Schepers gerne an den Kragen heften, denn nichts anderes ist das gesamte Gespräch in dem Heft von Herder. Es wird die Morallehre der Kirche in zahlreichen Punkten dekonstruiert, durch Genderideologie ersetzt und mit sexueller Vielfalt angereichert. Nichts davon ist katholisch!

Diese Stoßrichtung gibt der Bischof von Dresden-Meißen auch klar vor: „Die Kirche muss sich auch in der Lehre verändern, das heißt weiterentwickeln und vertiefen.“ Wir übersetzen mal: „Gott hat sich geirrt!“ Es geht um eine Veränderung der Lehre, das wurde immer bestritten. Nun wird es immer öfter eingestanden. Schepers erklärt den Weg, wenn er betont, Theologie müsse bestehende Denkmuster hinterfragen. So fordert der Queerbeauftragte der Bischöfe, die Theologie habe den Auftrag zu sagen, wie gelingende Sexualität vor der Ehe aussehen könne, nicht nur mit Verboten. Damit fordert der deutsche Queerbischof einen Abschied von einem der ältesten, biblisch wohlfundierten Lehrsätze der Kirche, die jegliche Form sexueller Betätigung außerhalb der Ehe grundsätzlich ablehnt und verwirft. Die Heilige Schrift verwendet im neuen Testament hierfür durchgängig das Wort "Porneia" (πορνεία), welches im Deutschen oft mit „Unzucht“ oder „Unreinheit“ übersetzt wird. Beschrieben wird damit eine breite Palette von sexuellen Sünden, die Hurerei, Ehebruch und andere Formen sexueller Verfehlungen einschließt. Es gibt hier keinen Spielraum in der Bewertung oder Einschätzung. Eine Forderung der Veränderung der Lehre in diesem Punkt ist also kein kleines Problem.

Wer wissen möchte, was in den kommenden Jahren in Fragen der christlichen Anthropologie und Morallehre auf die Gläubigen in Deutschland zukommt, sollte sich nicht scheuen, das oben genannte  Heft zu erwerben und sorgfältig zu studieren. Zahlreiche der Texte in dem Heft werden normativen Charakter für die Umsetzung des von Forum 4 begonnenen Zerstörungswerkes entwickeln. Man sollte sich allerdings auch nicht scheuen, Bischöfe mit ihrem Tun zu konfrontieren, da eine Umsetzung solcher Konzepte einen massiven Bruch mit der Lehre und damit auch mit der Einheit der Kirche darstellt. Es gibt keinen Grund, solche Papiere wie das Konzept aus Hamburg nicht stehenden Fußes über die Nuntiatur an den Heiligen Stuhl zu senden. Wichtig ist, dass es kein Aktionismus sein darf, sondern die Betroffenen es selbst tun und diese Betroffenheit auch deutlich machen müssen. Es geht hier um das Heil der Seelen, das hat für die Kirche oberste Priorität. Diese Rufe werden in Rom nicht verhallen, auch wenn man Geduld braucht.

Folgen darf ein Katholik keinem Bischof, der sich in der oben gezeigten Weise von der Lehre der Kirche abwendet. Vernehmbare Proteste sind angezeigt und nötig. Doch nichts ersetzt es, sich im Glauben zu versichern und in der Lehre zu vergewissern. Wenn die Hirten ausfallen, müssen die Katholiken selbst aktiv werden. Nur allzu verlockend und eingängig sind die zeitgemäßen Irrtümer, da sie mit „gut besetzten“ Begriffen wie Antidiskriminierung und Toleranz daherkommen. Um Sicherheit zu gewinnen, ist die Lektüre des Katechismus ebenso zu empfehlen, wie das oben genannte Schreiben des Bildungsdikasteriums. Sollte sich tatsächlich ein Rahmenkonzept für sexuelle Vielfalt wie in Hamburg in den Schulen (auch andernorts) durchsetzen, kann man Eltern nur davon abraten ihre Kinder auf sogenannte katholische Schulen zu schicken. Nach einer inzwischen erfolgreichen Vernichtung des Glaubens durch Komplettausfall in der Katechese schicken sich Teile des deutschen Episkopat nun an, die Kirche in Deutschland zu einer ökosozialistischen Zeitgeistkirche umzubauen. Sowas braucht niemand. Last not least sollte damit klar sein, wo der Synodale Weg sein Zerstörungswerk fortsetzt. In den Ordinariaten und Gremien wird einfach fortgeführt, was beschlossen oder (vgl. Grundlagentext Leben in gelingenden Beziehungen) nicht beschlossen wurde. Man kann es nur immer wieder betonen, dass der Synodale Weg nicht zu Ende ist und der sogenannten Synodale Ausschuss im Vergleich zu dem, was im Verborgenen passiert, harmloses Kaspertheater ist.

Für alle, die nun konsterniert, genervt, frustriert oder einfach sauer sind, ein längeres Zitat aus dem Schreiben des Bildungsdikasteriums zur Ermutigung, das man den Bischöfen bei allem Respekt gerne um die Ohren hauen darf:

„Diese Kultur des Dialogs [die das Dokument vorher beschreibt. Anm. PW] widerspricht auch nicht dem legitimen Streben der Katholischen Schulen, die eigene Sicht der menschlichen Sexualität aufrechtzuerhalten entsprechend der Freiheit der Familien, die Erziehung der eigenen Kinder auf eine ganzheitliche Anthropologie gründen zu können, die alle Dimensionen in Einklang zu bringen vermag, die die physische, psychische und spirituelle Identität ausmachen. Ein demokratischer Staat kann nämlich die erzieherische Aufgabe nicht auf ein einzige Meinung reduzieren, insbesondere in einer so delikaten Sache, die die fundamentale Sichtweise der menschlichen Natur und das der Menschenwürde entsprechende Naturrecht einer freien Wahl der Erziehung von Seiten der Eltern berührt. Jede schulische Institution muss daher Instrumente zur Organisation und didaktische Programme vorsehen, die dieses Elternrecht real und konkret werden lassen. Auf diese Weise konkretisiert sich das christliche pädagogische Angebot als eine echte Antwort auf die Anthropologie der Fragmentierung und der Vorläufigkeit.“

Quellen:
"Als Mann und Frau schuf er sie" Für einen Weg des Dialogs zur Gender-Frage im Bildungswesen (2. Februar 2019)

Herder Thema:
Sichtbar anerkannt. Vielfalt sexueller Identitäten. 1. Auflage 2025. 64 Seiten. ISBN: 978-3-451-27580-7

Bild oben: Prideflaggen - demnächst an jeder katholischen Einrichtung? Foto: Matt Brown /Wikimedia/ CC-BY-2.0


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