Kardinal Müller: Der Progressismus, nicht die Tradition spaltet die Kirche

5. November 2025 in Weltkirche


In einem Interview mit Raymond Arroyo von EWTN kritisierte der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation die Auseinandersetzung um die Messe im Alten Ritus und warnte vor einem wachsenden theologischen Relativismus im Vatikan.


Rom (kath.net/LifeSiteNews/jg)
Der Progressismus und nicht die Tradition spaltet die Kirche, sagte Kardinal Gerhard Müller, der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation, in einem Interview mit Raymond Arroyo von EWTN in der Sendung „The World Over“ am 30. Oktober.

Die „Progressiven“, die in Wahrheit nicht der Lehre der Kirche folgen, seien es, die moralische Kompromisse machen und die mit der Segnung homosexueller Paare das Sakrament der Ehe relativieren, sagte Kardinal Müller. Das sei Spaltung der Kirche, nicht das Befolgen der Tradition, betonte der Kardinal. Die Tradition sei ein wesentlicher Pfeiler der Kirche, ebenso wie die Heilige Schrift und das Lehramt. Die katholische Tradition sei gut begründet, da sie bis auf die Apostel zurückgehe, erläuterte er.

Auf die Frage von Arroyo, warum es Widerstände gegen die Messe im Alten Ritus gebe, sagte Müller wörtlich: „Ich kann diese Leute nicht verstehen.“

Es gebe keine theologische Begründung hinter der Einschränkung der Alten Messe. „Das einzige Argument, das sie haben ist: ‚Wir haben die Autorität‘“, sagte der Kardinal. Die Gegner der Alten Messe müssten erklären, was an der alten Form der Liturgie falsch sei, hätten dies aber nicht getan, stellte der Kardinal fest.

Er wies die Aussage von Kardinal Blase Cupich, dem Erzbischof von Chicago, zurück, der die Alte Messe als „Spektakel“ bezeichnet hatte. Man könne nicht behaupten, die Bischöfe und Päpste, die Jahrhunderte lang die Messe im Alten Ritus gefeiert hätten, seien an einem Spektakel interessiert gewesen. Er gehe davon aus, das Cupichs Wortmeldung keine theologisch begründete Position, sondern „für die Schlagzeilen“ gedacht sei. 

Arroyo verwies auf die Aussage von Papst Leo XIV. im Interview mit dem Magazin Crux vom September, dass man die Messe überall in lateinischer Sprache feiern könne, wenn es der Neue Ritus sei. 

Kardinal Müller erwiderte, dass das II. Vatikanische Konzil nicht verlangt habe, eine neue Liturgie zu erfinden, weil die alte falsch sei. Das Anliegen sei gewesen, dass die Gläubigen der Messe besser folgen könnten, weil viele von ihnen die lateinische Sprache nicht beherrschten. 

Der Angriff auf die Alte Messe ist nach Ansicht von Kardinal Müller eine überflüssige Auseinandersetzung, welche die Kirche vermeiden sollte. „Wir können uns mit denen auseinandersetzen, welche die Gottheit Jesu Christi leugnen“, aber nicht mit denen, welche die Messe im Alten Ritus bevorzugen, sagte er.

Er warnte davor, dass manche Bischöfe Katholiken, welche die Messe im Alten Ritus besuchen wollten, raten würden, zu Hause zu bleiben oder zur (schismatischen) Priesterbruderschaft St. Pius X. zu gehen. Er rief stattdessen zum Dialog auf, berichtet der Catholic Herald.

In dem Interview kritisierte Kardinal Müller einen wachsenden theologischen Relativismus, den er im Vatikan im interreligiösen Dialog wahrnehme und verurteilte die Einrichtung eines muslimischen Gebetsraums im Vatikan. Dies laufe auf eine „Selbstrelativierung“ hinaus. Die Entscheidung sei wahrscheinlich eher von dem Wunsch getragen, „offen“ zu wirken, als von einer theologischen Reflexion, merkte der Kardinal an. 

Er stellte in Frage, ob die Verantwortlichen auch konsultiert worden seien. „Ich weiß nicht, ob ein Kardinal, die Glaubenskongregation, oder der Papst gefragt worden sind. Die Moslems mögen das als symbolischen Sieg erachten – als Zeichen, dass ihre vermeintliche Überlegenheit anerkannt wird“, sagte der Kardinal.

In diesem Zusammenhang warnte er vor einem Verwischen der Unterschiede zwischen den Religionen, die unterschiedliche Auffassungen von Frieden, Freiheit und der Würde der Person hätten. „Wir können sie nicht mischen, Wir sind nicht Fratelli tutti (Alle Brüder)“, sagte Kardinal Müller wörtlich.

 

© Foto Kardinal Müller: Michael Hesemann

 


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