
20. November 2025 in Aktuelles
„Westliche Werte sind weitestgehend christliche Werte. Umso wichtiger wäre ein Aufstieg des Kulturchristentums als Bewahrer ebendieser Werte, ohne die es keine freie Gesellschaft geben kann.“
Berlin (kath.net) „Uns ist das Wissen verloren gegangen, dass unsere westlichen Werte weitestgehend christliche Werte sind.“ Darauf macht der „Welt“-Kolumnist und Buchautor Gideon Böse aufmerksam. In seinem Meinungsbeitrag unter dem Titel „Wenn das Christentum verschwindet, verschwindet mit ihm auch der Westen“ stellt er die Frage, wie der Westen aus seiner Krise wieder herauskommt. Böse schlägt die Rückkehr zum Christlichen vor. Was er damit meint, erläutert er auch gleich: „Ja, das mag so manchen Leser irritieren, aber ich kann all die Millionen Menschen beruhigen, die längst aus der Kirche ausgetreten sind: Da muss niemand wieder rein, der schon raus ist. Christlich werden bezieht sich auf die Selbstbezeichnung als Kulturchrist.“
Gideon Böse verweist in seiner Argumentation in der „Welt“ auch auf den Evolutionsbiologen und „wortgewandten Atheisten“ Richard Dawkins, der sich selbst als einen „kulturellen Christ“ bezeichnet. Böse schildert: Dawkins sei „diese Erkenntnis gekommen, während er in seiner Heimat Großbritannien den Aufstieg des Islams erlebte, dessen Wertvorstellungen sich in wesentlichen Punkten von denen des Christentums unterscheiden. Dawkins gehört damit zu jenen Menschen, die zwar nicht an Gott glauben, sehr wohl aber an die Werte, die jene geschaffen haben, die genau das tun. Insgesamt findet gerade dort, wo in Europa der Islam mittlerweile das Leben der Menschen mitprägt, eine Rückbesinnung statt.“
Böse zählt einige Kulturerrungenschaften des Christentums auf: Gründung der ersten Universitäten, Eheverbot unter nahen Verwandten, Predigt von Vergebung statt Rache, und der Kathedralenbau prägte die Ästhetik. „Ach ja, und ohne Christentum auch keine universellen Menschenrechte und damit kein Artikel 1 des Grundgesetzes, dass die Würde des Menschen unantastbar ist – keine schlechte Bilanz nach 2.000 Jahren Christentum.“
Eigens betont er, dass diese Verdienste „auch nicht dadurch geschmälert“ würden, „dass es daneben auch reichlich Verbrechen im Namen der Kirche gab. Verbrechen sind keine christliche Besonderheit, sondern der weltgeschichtliche Normalfall, während die oben erwähnten Ideen tatsächlich einzigartig sind. Dschingis Khan, Kaiser Nero oder der Aztekenkönig Tizoc hinterließen allesamt Leichenberge, aber keinen Wertekanon, der lehrt, dass jeder Mensch gleich viel wert ist.“
Gideon Böse erinnert, dass die europäischen Aufklärer dann „die kirchlichen Moralvorstellungen“ übernommen, gleichzeitig aber „umso lauter die real existierende Kirche“ kritisiert hätten. Diese seien dabei so geschickt vorgegangen, „dass viele Menschen bis heute denken, die Aufklärung hätte uns die liberalen Freiheiten im unerbittlichen Kampf gegen das Christentum erstritten“, doch handle es sich hierbei nur um einen Taschenspielertrick.
Gegenspieler der westlichen Werte seien die Linken und der Islam. Dabei sei das Kulturchristentum aber nicht „eine Kampfansage an Linke oder Moslems, die Teil des Westens sein wollen“. Der Westen sei „schließlich auch deswegen so erfolgreich, weil sich ihm jeder anschließen kann. Dafür reicht es schon, dem Individuum den Vorzug vor dem Kollektiv zu geben, schon hat man das Ticket in diese Zivilisation gelöst“.
Der „Welt“-Kolumnist schließt mit dem Gedanken: „Wo der Einzelne nur noch ein Rädchen im Getriebe ist, ist die Unmenschlichkeit zu Hause. Wer das nicht will, sollte noch heute in die Kirche eintreten oder Kulturchrist werden – beziehungsweise verstehen, dass er das schon die ganze Zeit über war.“
Link zum Beitrag in voller Länge: „Wenn das Christentum verschwindet, verschwindet mit ihm auch der Westen“.
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