
29. Dezember 2025 in Kommentar
Wieder mal der Wunsch, etwas ganz besonders toll künstlerisch zu machen. Wieder mal geht der Wunsch gewaltig in die Hose und führt zu einem Skandalgottesdienst, der sogar Politiker zu Protesten veranlasste. Der Montagskick von Peter Winnemöller
Stuttgart (kath.net)
Wie kann man Menschen, die vielleicht das Haus nicht mehr verlassen können, so das Weihnachtsfest verderben? Das war sehr spontan die erste Frage, die sich stellte, als die Meldung von der Skandalkrippe am Morgen des ersten Weihnachtstages durch die Medien ging. Ein verstörendes Bild von einem sich bewegenden schleimigen Wesen, das auf Stroh lag. Die Ankündigung war schon beachtlich. „Das Thema lautet: ‚So viel Mensch war nie!‘“ So kündigte der SWR die Übertragung in ARD und SWR an. Ausgewiesen war es als „Christmette“. Die Feier, so der SWR weiter, werde geleitet vom SWR-Rundfunkpfarrer Thomas Steiger. Auf der Seite des SWR präsentiert sich der als Priester vorgestellte Fernsehmoderator in Zivilkleidung. Seinen Weg zum Priestertum beschreibt er auf seiner Autorenseite im Internet. Auf diesem Weg, so Reiter, hätten sich Schwerpunkte, Interessen und Vorlieben heraus gebildet: das Singen im Chor, und die Oper, das Schreiben von eigenen Texten, das Trinken von Wein und das Kochen am Abend. So sei er Pfarrer geworden auf den Stationen, die man da üblicherweise durchlaufe, fährt er fort. Seit Oktober 2013 ist der zum Bistum Stuttgart gehörende Priester Hörfunkpfarrer beim SWR. Gemeinsam mit der Pastoralreferentin Katharina Leser, so der SWR, „führe“ der Priester durch die Liturgie. Für die 200 Plätze in der Kirche musste man sich per E-Mail vorab anmelden. Eine Besonderheit sei, so der SWR in der Ankündigung, dass in der Kirche in einer Krippe ein echter Mensch liegen werde, der in Reispapier eingehüllt sei. Das symbolisiere die Menschwerdung Gottes in einer verletzlichen Welt, teilte die Katholische Kirche in Stuttgart mit. Gestaltet worden war diese angebliche Krippe von Milena Lorek, die das Portal der Diözese Rottenburg-Stuttgart als Künstlerin bezeichnet. Inmitten von Stroh liege kein hölzernes Jesuskind, sondern ein erwachsener Mensch - eingehüllt in Reispapier, atmend durch einen Strohhalm. In ihrem künstlerischen Konzept beschreibe Lorek ihre verkörperte Krippe als einen „Moment der Ungewissheit“, einen Moment zwischen Sicherheit und Bedrängnis, so die Webseite weiter. Die erwachsene Person, die schleimig, nackt und unmenschlich wirkte, beschrieben Zuschauer als abstoßend und erschreckend. Weder Gesicht, Haare noch Finger waren erkennbar. Die Figur bewegte sich kraftlos, als wäre sie kaum lebensfähig. Kunst kommt von Können, käme es von Wollen, hieße es Wunst. Können war hier nicht zu erkennen. So war es wohl eher Wunst als Kunst.
Das Ansehen der Übertragung in dem Mediathek war selbst mit doppelter Geschwindigkeit kaum zu ertragen. Nicht nur die Dialogpredigt und die Quasikonzelebration der Pastoralreferentin waren verstörend. Der Rundfunkpriester ließ die Kollegin auch gleich das Tagesgebet vortragen. Die Fürbitten wurden per Video zugespielt. Besonders interessant an der Predigt war es zu erfahren, dass es Lukas war, der die Idee hatte, Jesus als Kind auf die Welt kommen zu lassen. Man lernt eben nie aus. Dass die Predigt in der Skandalveranstaltung eine in der katholischen Kirche verbotene Dialogpredigt war, dürfte hier kaum noch jemanden interessiert haben. Schwülstig und moralisierend, verweltlichtes Geschwätz, in dem es irgendwie um eine so fürchterlich unheile Welt ging. Mehr war das nicht. Davon, dass Gott gekommen ist, die Welt zu erlösen, erfährt man vorsichtshalber nichts. Inhaltlich ging es ohnehin nicht um ein geistliches Geschehen, sondern um eine Kunstperformance, die kaum weniger provokativ war als die unleidlich bekannt gewordenen Paderborner Chlorhühnchen. Dass die Pastoralreferentin und die Ministranten wie Konzelebranten neben dem Rundfunkpriester standen, dürfte fast nur noch eine Fußnote sein, ebenso wie das frei erfundene Hochgebet, das moralinsauer triefte und für die Fernsehzuschauer eine Zumutung gewesen sein dürfte, falls überhaupt jemand so lange durchgehalten hat.
Die Reaktionen auf diese irreführenderweise als Christmette geframte Performance waren entsprechend. Zuschauer fühlten sich an einen atmenden Alien erinnert. BILD sprach von einer „Weihnachtsmesse mit Schleim-Jesus“. In zahlreichen Kommentaren in den sozialen Netzwerken wurde die Darstellung als krank und abartig bezeichnet. Auf X bezeichnete ein User in seinem Post das Ereignis als „Freakshow“. Kritik kam auch von der Politik. CDU-Stadtrat Dr. Klaus Nopper nannte die Installation eine Instrumentalisierung der Weihnachtsgeschichte „im Sinne der Wokeness“. Er erklärte wörtlich: „Das ist eklig. Grenzen werden immer weiter verschoben, unsere Werte über Bord geworfen. So zerstört man die Gesellschaft.“ Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Maximilian Mörseburg zeigte sich ebenfalls empört: „Vertreter beider großen Kirchen führen unsere Religion immer öfter ins Absurde und nehmen ihr die Würde.“ Die Empörung über diese Provokation ging weit über die katholische Kirche hinaus.
Der SWR ist eine Sendeanstalt im umstrittenen öffentlich-rechtlichen Sendersystem in Deutschland. Finanziert wird es von einer verpflichtend von jedem Haushalt und jedem Gewerbetreibenden zu zahlenden Abgabe. Die Anstalten haben einen gesetzlich festgelegten Versorgungsauftrag. Diese Grundversorgung soll insbesondere alles das an Inhalten abdecken, was den Haushalten auf keine andere Weise zugänglich ist. Information gehört ebenso dazu wie Kultur oder eben auch Übertragung von Gottesdiensten für Menschen, die aus persönlichen Gründen keinen mehr aufsuchen können. Für die religiösen Inhalte sitzen Vertreter der Kirche in den Rundfunkräten. Für die katholische Kirche sitzen im Rundfunkrat des SWR die Stuttgarter Ordinariatsrätin Ute Augustyniak-Dürr, der Leiter der Stabsstelle Medienkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit im Erzbistum Freiburg, Michael Hertl, und der Trierer Domkapitular Hans Günther Ullrich. Diese wären die Ansprechpartner für Fragen, die sich zu solcherart sogenannten „Gottesdiensten“ stellen. Mit der zunehmenden Pluralisierung der Medien und dem Aufkommen privater konfessioneller oder überkonfessioneller Sender im evangelischen, katholischen oder allgemein christlichen Sektor hat jedenfalls der Aspekt der religiösen Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Sender, ausgedient: Mit EWTN, KTV, Radio Horeb, Bibel TV, Domradio, Vatikan News und kleineren lokalen Initiativen wie dem Streaming örtlicher Gottesdienste, die inzwischen teilweise eine respektable Qualität aufweisen, gibt es gar keine Notwendigkeit mehr, Gottesdienste in öffentlich-rechtlichen Sendern zu übertragen. Jeder Pfarrer, der einmal eine Fernsehübertragung an der Backe hatte, kann es wissen, wie sich die ÖRR-Mitarbeiter in der Kirche benehmen. Die Regie bestimmt die Länge der Gebete, die Länge der Predigt, die Anzahl und Strophen der Lieder und wie lange die Kommunionausteilung dauern darf. Wer als Gläubiger einmal an so etwas teilgenommen hat, wird solche Übertragungen, wo immer es möglich ist, meiden. Dazu kommt noch, dass zahlreiche Mitarbeiter solcher Sender dem Glauben feindlich bis gleichgültig gegenüberstehen und das auch deutlich zu erkennen geben. Im Kirchenraum keinen Respekt zu zeigen und sich teils gegenüber Küstern und Ehrenamtlichen reichlich unbotmäßig verhalten, ist der Normalfall. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wenn man sich dagegen in Übertragungen der oben genannten christlichen Sender befindet, dann merkt man als Gläubiger zumeist gar nicht, dass überhaupt übertragen wird. Die Übertragungen des Domradio aus dem Paderborner Dom zu Libori sind, wenn man sich die Aufzeichnungen ansieht, wirklich beeindruckend und sollten stilbildend wirken. In der Kirche sieht man einen Kameramann auf der Kanzel und einen irgendwo seitlich. Der Rest wird mit (fast) unsichtbaren, ferngesteuerten Spezialkameras erledigt. Es gibt keinen Grund für einen verantwortungsbewussten Pfarrer, ÖRR-Mitarbeitern den Zutritt zu seiner Kirche zwecks Gottesdienstübertragung zu gestatten.
Zum Skandalgottesdienst von Stuttgart nur noch einige einordnende Worte. Da aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart kaum zu erwarten ist, dass es für den Rundfunkpriester oder die Pastoralreferentin Folgen haben könnte, was in der Heiligen Nacht im Fernsehen übertragen wurde, lohnen Briefe an die Diözese nicht den Aufwand. Vielleicht kann man einen höflichen Brief über den Nuntius an die Gottesdienstkongregation schreiben und den Skandal darstellen, wenn man persönlich betroffen ist. Konkrete Reaktionen wird es nicht geben, es ist dennoch gut, wenn man in Rom ein Bild davon entwickelt, was in Deutschland passiert. Die beste Reaktion ist der Abschaltknopf am eigenen Fernseher. Wenn die GfK feststellt, dass die Einschaltquoten bei Fernsehgottesdiensten gegen 0 gehen, wird man das Format irgendwann überdenken oder einstellen. Selbst wenn weiter gesendet wird – was man sich nicht ansieht, kann einem nicht schaden. Junge Menschen sind gehalten, auch wenn sie selbst vielleicht nicht gläubig sind, den Großeltern, die nicht mehr mobil sind, KTV, EWTN und Bibel TV auf erreichbare Sendeplätze zu speichern. Das hält ältere Menschen auch davon ab, sich auch zu anderen Zeiten das inzwischen teils unerträgliche Fernsehprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender anzusehen. Immerhin haben die christlichen Vollprogramme inzwischen ein Niveau erreicht, dass man auch deren Reportagen und andere Sendungen vorbehaltlos empfehlen kann. Man kann es gerade älteren Menschen ersparen, sich in der Heiligen Nacht so etwas ansehen zu müssen, wenn sie bettlägerig oder nicht mehr mobil sind.
Bleibt noch ein letztes, das ist die Programmbeschwerde. Für jeden, der sich von dieser Sendung betroffen fühlt, gibt es die Möglichkeit, sich schriftlich an den Rundfunkrat des SWR zu wenden. Dabei ist es wichtig, dass man konkret beschreibt, was man zu beanstanden hat. Dazu ist es ferner nötig, auch den Programmgrundsatz zu nennen, gegen den verstoßen wurde. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich darüber im Internet zu informieren, wie das geht. Wichtig ist es, unbedingt sachlich zu bleiben und jegliche Beschimpfung zu vermeiden. Es geht um die Sache und es ist nun einmal so, dass die Sendung sehr wohl in der Lage war neben dem Auslösen von Ekelgefühlen auch religiöse Empfindungen verletzten konnte. Das ist keinesfalls harmlos und es wäre ohnehin notwendig, dass sich der Rundfunkrat mit dieser Sendung befasst. Was die Anzahl der Briefe anbetrifft, kann viel auch viel helfen.
Ein letzter Punkt ist noch die Fantasieliturgie, die der Rundfunkpriester in der Heiligen Nacht gefeiert hat. Das war kein Einzelfall. Immer wieder „glänzen“ öffentlich-rechtlich übertragene Gottesdienst durch Skandale und Skandälchen. Dabei sollte gerade die im Fernsehen übertragene Liturgie von besonderer Qualität sein. Nicht nur bei direkter Teilnahme an der Liturgie, sondern auch bei der Teilnahme über Medien hat der gläubige Katholik das Recht auf eine den Vorschriften der Kirche entsprechend gefeierte Liturgie. Neben der zuständigen Diözese, die natürlich für den Priester und die Laienmitarbeiter verantwortlich ist, wäre es auch an den Programmverantwortlichen, hier sensibel zu sein für die Würde der Liturgie. Wieder die Empfehlung an alle, die mit Gottesdienstübertragungen zu tun haben, sich am Knowhow der privaten christlichen Sender zu orientieren. Eine Heilige Messe auf Domradio, EWTN oder KTV zu verfolgen, ist auch für einen Ungläubigen zumindest von der Ästhetik der gezeigten Bilder her nachvollziehbar. Wenn es also unbedingt sein muss, öffentlich-rechtlich Heilige Messen zu übertragen, dann sollte es ästhetisch und geistlich für die Zuschauer ein Gewinn sein. Wir brauchen keine verschwurbelte Fantasieliturgie, wir brauchen die authentische Liturgie der Kirche.
Bild oben: Ein unerträgliches Schauspiel lieferten die Performer der sogenannten Christmette im SWR ab. So kann man den Menschen auch Weihnachten verderben. Foto: (c) ARD-Screenshot
In der ARD wurde an Heilig Abend ein Gottesdienst aus Stuttgart übertragen, bei dem das Jesuskind als alienartiger Schleimbatzen präsentiert wurde: Das sind die letzten Zuckungen einer völlig degenerierten, moralisch verwahrlosten Wohlstandsgesellschaft. S‘isch over. #wokeisdead pic.twitter.com/hXua1nmUg2
— Monika Gruber (@MonikaGruber24) December 27, 2025
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