Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Weihnachtsinterview von Bischof Bätzing kommt ohne Weihnachten aus
  2. Wirre Anordnung von Kardinal Cupich: Gläubige sollen Kommunion nur im Stehen empfangen
  3. Kirchenbesucher sorgten für Eklat bei Christmette in Freiburg
  4. War der Magdeburger Weihnachtsmarkt-Mörder doch ein Islam-Anhänger?
  5. Hugh Grant: 'Ihr Katholiken habt bestimmt mehr Spaß im Leben als die Protestanten'
  6. Ein "Scha(r)feswort" an den Bischof von Speyer
  7. Wird die Feier der Alten Messe bei der Pfingstwallfahrt Paris – Chartres eingeschränkt?
  8. Heiliges Jahr der Hoffnung 2025. Geistliche Erneuerung und Verpflichtung zur Umgestaltung der Welt
  9. Pro-Death bis zum Ende – Joe Biden
  10. Stille Nacht, Heilige Nacht
  11. Ab 20. Januar ist Schluss mit 'Gender-Wahnsinn' in den USA
  12. Erzdiözese Mechelen-Brüssel nennt weibliche ‚bischöfliche Delegierte‘ im Hochgebet der Messe
  13. Pasha Lyubarsky, Berliner Jude: „Fünf historische Fakten zu Jesus“
  14. Weint eine Ikone der Gottesmutter in der Kathedrale von Łódź?
  15. Immer wieder rührt die Schönheit dieses Evangeliums unser Herz an

'Die Verrückte vom Friedhof'

2. November 2017 in Spirituelles, 3 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Vielleicht sind die "verrückten alten Mutterln" gar nicht verrückt. Vielleicht sind sie nur die einzigen, die in der Lage sind, ihrem Kummer Raum zu geben, egal was die anderen sagen. Gastbeitrag von Katharina Brandner


St. Pölten (kath.net) Ich bin sicher, jeder von uns hat eine ähnliche Vorstellung von den einsamen alten Mutterln, die am Friedhof herumwerkeln, vor sich hin reden, Kerzen anzünden – vielleicht sogar auf verschiedenen Gräbern – und ganz versunken scheinen in die Welt der Gestorbenen. Ich habe so eine ganz frühe Erinnerung und Bilder im Kopf von Menschen, die irgendwie immer "da waren" am wunderschönen Waldfriedhof, wo die Gruft meiner Familie liegt, und immer hatte ich das Gefühl, diese Menschen sind einsam, verloren, in der Vergangenheit verhaftet und irgendwie "verrückt". Oft jeden Tag auf den Friedhof zu marschieren, meist schon selbst nicht mehr gut zu Fuß unterwegs, und dort aus meiner Sicht viel zu viel Zeit zu brauchen und zu verbringen. Nicht schnell wieder weg wollen, wie wir Kinder, sondern oft und lange hinzugehen.

"Früher" war das halt so, dachte ich immer, früher war es mit Scham und Druck verbunden, Ehre und Aufopferung zu zeigen, dem Ort zu zeigen, dass man ein schönes Grab hat, sich kümmert, es pflegt. Früher musste man sowas, und heute macht man das nicht mehr so, aus gutem Grund. Dachte ich.


Was ich niemals in Erwägung gezogen hatte: wie befreiend, wohltuend, schmerzhaft und doch gut es ist, das zu tun. Wie wenig verstanden ich es habe, dass es "Früher" vielleicht bedeutet hat, Trauer und Schmerz und Einsamkeit nicht zu verstecken, sondern zu zeigen, ins Leben zu integrieren, sich auch hinzugeben und nicht funktionieren zu müssen. "Früher" trug man nach den ersten Trauermonaten in schwarz noch ein Jahr lang eine schwarze Armbinde, als Witwe oder wenn Kinder gestorben waren, als äußeres Zeichen für den inneren Kampf. Jeder hat das erkannt, wahrgenommen, Anteil nehmen können, nicht erwartet, dass man am gesellschaftlichen Leben wieder teilnimmt, lacht, tratscht, mitmacht, außer wenn man das wollte. Manchmal denke ich, dass uns das im Heute einfach abhanden gekommen ist. Weil Alles schnell wieder weitergehen muss. Leider. Denn die Empathie ist oft kurz, die Trauer aber lang.

Wie oft es mich nun nach dem Tod meiner kleinen Tochter auf den Friedhof zieht, wie viele Stunden ich dort verbringe, wie ich mich dabei ertappe, auf einem genau Hundertjährigen Kindergrab ganz in der Nähe immer wieder Kerzen anzuzünden, weil dort offensichtlich niemand mehr hinkommt.

Vielleicht sind die "verrückten alten Mutterln" gar nicht verrückt. Vielleicht sind sie nur die einzigen, die in der Lage sind, ihrem Kummer Raum zu geben, egal was die anderen sagen. Vielleicht können sie etwas, das uns als Gesellschaft abhanden gekommen ist, seit der Tod nicht mehr allgegenwärtig ist, und zumeist vermieden werden kann. Vielleicht haben sie erkannt und selbst gespürt, wie gut es tun kann, sich um ein Grab zu kümmern, einen Platz zu haben für nichts anderes als die Erinnerung, einen Platz zu haben, der sich an manchen Tagen anfühlt, als wäre es der einzige Ort, an dem man sich nicht deplatziert fühlt. Vielleicht sollten wir eher von Ihnen lernen, als über sie zu schmunzeln.

Und wenn mich wer am Hietzinger Friedhof herumstreunen sieht, mit Gießkanne und Blumentöpfen und viel zu vielen Kerzen, bitte lacht nicht, sondern lächelt. Denn es tut gut, so zu sein.

Mag. Katharina Brandner ist bischöfliche Medienreferentin der Diözese St. Pölten - Im Jahr 2016 ist ihre Tochter Felicitas schwer mehrfach beeinträchtigt zur Welt gekommen und mit 10 Monaten an Lungenversagen verstorben

Symbolbild: Grab auf einem Friedhof


Foto (c) kath.net/Petra Lorleberg


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

 Chevalier8 2. November 2017 

Wie wahr

Danke für diesen wunderschönen Beitrag.

Man kann auch am Friedhof einen tiefen Frieden verspüren und wieder zu sich selbst kommen bzw. wieder realisieren, was wichtig ist im Leben.


7
 
 SpatzInDerHand 2. November 2017 

Das ist ein ganz besonderer und sehr kostbarer Text!

Danke dafür - für das treue Aushalten des Erlebten. Und für die behutsame sprachliche Wiedergabe.

Das ging mir wirklich unter die Haut...

Ich wünsche der Verfasserin Gottes Segen und Nähe und die Erfahrung Seiner tiefen Liebe!


10
 
 Joy 2. November 2017 
 

einfach Danke

für diesen so starken Beitrag.


9
 

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Allerseelen

  1. Papst besucht an Allerseelen Gräber ungeborener Kinder
  2. Allerseelen - wir bitten für unsere Verstorbenen um Gottes Gnade
  3. Allerseelen - wir bitten für unsere Verstorbenen um Gottes Gnade
  4. „Mitten im Leben mit dem Tod umfangen…“
  5. „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25)
  6. Heiligkeit bedeutet vor allem, den Dreieinen Gott zu lieben
  7. 'Be happy!' Nicht gruseln, mehr Freude!
  8. Allerseelen - wir bitten für unsere Verstorbenen um Gottes Gnade
  9. Papst: Gräber sind Versammlungsort für Lebende und Tote
  10. Papst betet in den vatikanischen Grotten für Verstorbene







Top-15

meist-gelesen

  1. Große Baltikum-Reise mit kath.net - Spätsommer 2025 - JETZT ANMELDEN und PLATZ SICHERN!
  2. DRINGEND - Weihnachtsspende für kath.net - Wir brauchen JETZT Ihre HILFE für das Heilige Jahr 2025
  3. Kirchenbesucher sorgten für Eklat bei Christmette in Freiburg
  4. Weihnachtsinterview von Bischof Bätzing kommt ohne Weihnachten aus
  5. War der Magdeburger Weihnachtsmarkt-Mörder doch ein Islam-Anhänger?
  6. Wirre Anordnung von Kardinal Cupich: Gläubige sollen Kommunion nur im Stehen empfangen
  7. Ab 20. Januar ist Schluss mit 'Gender-Wahnsinn' in den USA
  8. Hugh Grant: 'Ihr Katholiken habt bestimmt mehr Spaß im Leben als die Protestanten'
  9. Ein "Scha(r)feswort" an den Bischof von Speyer
  10. Weint eine Ikone der Gottesmutter in der Kathedrale von Łódź?
  11. Sr. Angela Maria Autsch - Der „Engel von Auschwitz“ starb vor 80 Jahren
  12. Heiliges Jahr der Hoffnung 2025. Geistliche Erneuerung und Verpflichtung zur Umgestaltung der Welt
  13. 'Wie glücklich doch die Menschen sind, die einen Glauben haben!'
  14. Pasha Lyubarsky, Berliner Jude: „Fünf historische Fakten zu Jesus“
  15. Neue Internetseite mit Informationen über die Kardinäle der Katholischen Kirche online

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz