
Syrien: Neuer Machthaber macht Christen Zusicherungen4. Jänner 2025 in Aktuelles, 7 Lesermeinungen Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden
De-facto-Machthaber al-Golani traf mit christlichen Kirchenführern zusammen - Papstgesandter in Damaskus: Christen müssen bei Wiederaufbau dabei sein - Kardinal Zenari: "Wenn wir Frieden in Syrien wollen, müssen wir für Entwicklung sorgen".
Damaskus/Vatikanstadt (kath.net/ KAP)
In Syrien hat sich der neue De-facto-Machthaber Abu Mohamed al-Golani am Silvestertag mit christlichen Kirchenführern getroffen. Der frühere Islamist, der nun unter seinem bürgerlichen Namen Ahmad al-Sharaa auftritt, versprach den Christen, sie könnten unbehelligt bleiben und ihre Religion frei ausüben, berichtete "Vatican News" am Donnerstag unter Berufung auf den päpstlichen Nuntius in Damaskus. Dieses Treffen sei "ein Ereignis, das bis vor drei Wochen in der Geschichte Syriens unvorstellbar war", sagte der Papstgesandte Kardinal Mario Zenari in einem am Neujahrstag geführten Interview mit dem vatikanischen Nachrichtenportal.
An der Begegnung nahm der Nuntius demnach selbst nicht teil, er habe sich aber Bericht erstatten lassen, erklärte Zenari. Die anwesenden Bischöfe und Priester hätten eine gewisse Hoffnung für die Zukunft Syriens geäußert, schilderte der Kardinal. "Al-Golani versprach, dass es ein Syrien für alle sein wird, ein Syrien ohne Ausgrenzung, und zum Schluss wünschte er ein frohes Weihnachtsfest und ein Jahr des Friedens." 
Zenari äußerte sich vorsichtig optimistisch, was die Zukunft der Christen in Syrien betrifft. In seiner Funktion als Dekan des Diplomatischen Korps habe er bereits den neuen Außenminister getroffen, berichtete der Kardinal. Man sei sich über bestimmte Prinzipien und Grundwerte einig, "aber natürlich wollen wir Taten sehen", sagte Zenari. Die örtlichen Bischöfe zeigten Optimismus, doch viele Christen hätten große Angst: "Viele wollen Syrien schnell verlassen."
Ein Exodus der christlichen Minderheit, der schon seit langem in Gang ist - und den Zenari aufzuhalten hofft, wie er gegenüber "Vatican News" schilderte. "Ich habe den Christen sofort gesagt: Habt keine Angst, bleibt! Jetzt ist nicht die Zeit, Syrien zu verlassen, sondern es ist die Zeit, auch für Christen außerhalb des Landes zurückzukehren. Denn wir müssen gut sichtbar bleiben, und man gibt uns zumindest in Worten ja auch die Möglichkeit dazu." Christen müssten beim Wiederaufbau des neuen Syrien dabei sein, betonte Zenari - "indem wir die Werte der Wahrung der Menschenrechte, der Freiheit und des Respekts für alle voranbringen. Wehe uns, wenn wir dabei fehlen!"
Vor dem Beginn des Bürgerkriegs machten Christen in Syrien ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung aus; dem Regime der Familie Assad standen sie mehr oder weniger nahe. Heute ist ihre Zahl auf unter zwei Prozent abgerutscht - wegen starker Bedrängnis durch islamische Terroristen und wegen der Folgen des Bürgerkriegs. 2011 lebten anderthalb Millionen Christen im Land, mittlerweile spricht man von nur noch 300.000. Davon sind etwa 190.000 katholisch - rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung.
Der italienische Vatikandiplomat Zenari ist seit 2008 Papstbotschafter in Damaskus und harrte über die Bürgerkriegsjahre hinweg in Syrien aus. Im "Vatican News"-Interview forderte er die internationale Gemeinschaft einmal mehr dazu auf, die Sanktionen gegen das Land aufzuheben. "Die internationale Gemeinschaft reagiert auf die schönen Versprechungen aus Syrien abwartend; aber wenn das heißt, dass man mit Unterstützung und einer Aufhebung der Sanktionen noch abwarten will, dann sage ich Nein dazu!", so der Kardinal. "Macht euch an die Arbeit in Syrien! Dies ist ein sehr, sehr zerbrechlicher Frieden für Syrien, ein sehr heikler Moment", forderte er die internationale Politik zum Handeln auf.
In Syrien sei die Wirtschaft über die Kriegsjahre hinweg zusammengebrochen, Schulen wurden zerstört, die Hälfte der Spitäler funktionierte nicht, Menschen hungerten oder hätten keinen Strom, beklagte Zenari. "Wenn wir Frieden in Syrien wollen, müssen wir für Entwicklung sorgen", rief der Kardinal auf: "Der neue Name für Frieden ist Entwicklung, um Syrien zu helfen, auf eigenen Füßen zu stehen und zu gehen."
Copyright 2024 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich (www.kathpress.at) Alle Rechte vorbehalten
Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

LesermeinungenUm selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen. Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net) kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen. |